(dgpd Augsburg) Der Tod von Frau Terri Schiavo hat zu weltweiten Irritationen geführt, auch hinsichtlich der begrifflichen Einordnung. So wurde seitens dogmatischer Fundamentalisten von Mord auf Raten, aktiver Sterbehilfe oder gar Mord durch Verhungern- und Verdurstenlassen gesprochen. Verbindungen zum Mord am Gottessohn und Christus-Kreuzestod wurden hergestellt.
In etwa 30 Gerichtsentscheiden wurde in den USA die Rechtmäßigkeit des Behandlungsabbruches einer künstlichen Ernährung bei Frau Schiavo festgestellt bis zum High Court, dem Obersten Gerichtshof. Straf- und zivilrechtlich handelte es sich nicht um Mord, sondern um den Abbruch einer künstlichen Medizintechnik-Lebensverlängerung. Letztere widersprach laut Medienberichten dem mündlich erklärten Willen der Patientin: Der Rechtsanwalt des Ehemanns der Verstorbenen erklärte gestern im CNN-Fernsehsender, dass ergänzend zum Ehemann noch weitere Zeugen diese mündlichen Aussagen von Frau Schiavo bestätigt hatten.
Die Irritationen, auch in ähnlich gelagerten Diskussionen in Deutschland, lassen sich mit der Schere erklären, die zwischen verfassungsrechtlichen, gesetzlichen und rechtsstaatlichen Fakten einerseits und religionssoziologisch erklärbaren Befindlichkeiten und Emotionen fundamentalistischer Einstellungen andererseits erklärbar sind.
Zentrale Frage bleibt: Hat der Mensch ein Verfügungsrecht über sein eigenes Leben oder nicht? Kirchenvertreter verneinen dieses Verfügungsrecht, Verfassungsrechtler wie Professor Horst Dreier bestätigen ausdrücklich ein solches Verfügungsrecht: Die Beendigung des eigenen Lebens als Akt freien Willens stellt keinen Verstoß gegen die Menschenwürde dar, sondern findet in ihr eine Grundlage. Das gilt auch für die sog. Patientenverfügungen (GG Kommentar. Bd. 1. 2. Aufl. Tübingen 2004, S. 222). Das Verfassungsrecht steht über Kirchen-, Ärzte-, Politiker- oder Medienmeinungen.
Neben dem Verfügungsrecht ist es ein zweiter zentraler Punkt, ob ein Patient von diesem Verfügungsrecht Gebrauch machen möchte. Wenn in den Medien Fälle zitiert werden, in denen (Wach-)Komapatienten jahrelang liebevoll im Koma gepflegt werden, so ist dies kein Beweis gegen den Fall Schiavo, sondern vielmehr eine Verpflichtung, die selbstverständlich sein sollte, wenn diese anderen Patienten nicht für sich verfügt haben, dass sie in einer solchen Situation keine künstliche Lebensverlängerung wünschen.
Die DGHS-Verbandszeitschrift Humanes Leben Humanes Sterben hat in ihrer neuesten Ausgabe (HLS 2/2005) diese verfassungsrechtlichen Argumente im Zusammenhang mit aktuellen Diskussionen zum Patientenschutz deutlich gemacht. Journalisten können die Zeitschrift kostenfrei abbonieren unter <link http: www.humanesleben-humanessterben.de _blank>www.humanesleben-humanessterben.de.