Wie autonom wird die "Autonomie am Lebensende"?

Hilfsangebote ausbauen, Selbstbestimmung stärken, Ärzte absichern, Missbrauch vermeiden: Deutschland wartet auf das umfassende Gesetz zur Sterbehilfe

(dgpd Augsburg) Aus Vorabinformationen nicht genannter Quellen wurde bekannt, dass die beim Bundesjustizministerium angesiedelte Arbeitsgruppe "Autonomie am Lebensende" am morgigen Donnerstag (10.06.) angeblich eine Liberalisierung der Sterbehilfe empfehlen wird.

Niemand würde sich dies mehr wünschen als die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), die seit ihrer Gründung 1980 bessere und verlässliche Gesetze fordert - Gesetze für die Menschenwürde auch im Sterben; die dem Einzelnen und Ärzten einen berechenbaren legalen Rahmen für ein wirklich selbstbestimmtes Lebensende bieten. Dabei sollte eine Gesetzes-Initiative dem "Sowohl-als-auch" -Ansatz gerecht werden: Deutschland benötigt als Rechtsstaat Gesetze, die sowohl für eine Verbesserung der Hilfen für alte, schwerstkranke, schmerzleidende und sterbende Menschen sorgen, als auch für eine deutliche Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Patienten am Lebensende und für mehr Rechtssicherheit für Angehörige, Ärzte, Pflegekräfte und Richter. 

Die DGHS will keine unkritische Übernahme des holländischen Modells. Sie hat vielmehr immer wieder auf bereits heute in Deutschland bestehende Missbrauchsgefahren hingewiesen, die durch den bisherigen Verzicht auf eine umfassende gesetzliche Regelung der Sterbebegleitung und -hilfe keineswegs beseitigt sind. Niemand will holländische Verhältnisse in Deutschland. Dies berechtigt aber keineswegs zum gezielten Wegsehen hinsichtlich einer problematischen Sterbehilfe-Praxis im Grauzonenbereich. 

Die persönliche Entscheidungsfreiheit und Willensautonomie des Einzelnen wird verfassungsrechtlich garantiert durch das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht. Ihr muss Geltung verschafft werden auch am Lebensende. Es geht nicht um die schrankenlose Freigabe der ärztlichen Suizidhilfe oder der aktiven direkten Sterbehilfe. Aber es muss für Extremfälle von unheilbar kranken, entscheidungsfähigen Patienten, die ernsthaft und auf informierter Basis eine Abkürzung ihres Sterbeprozesses für sich in Anspruch nehmen wollen, weiter gehende Möglichkeiten der Sterbehilfe in einem verlässlichen Rechtsrahmen geben.

Bereits Mitte der 80er Jahre ist die DGHS vor der damaligen Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (Bonn) zu Fragen der Sterbehilfe gehört worden. (Weitere Anhörungen folgten bei Enquete-Kommissionen auf Länderebene, unter anderem bei der Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz, die kürzlich erwägenswerte Empfehlungen veröffentlicht hat.) Bereits vor fast 20 Jahren zeigte sich, dass Kommissionen und Expertengruppen die sich für Regierungen oder Parlamente zu diesem Thema äußern, i.d.R. nicht erwarten lassen, dass daraus die umfassende gesetzliche Regelung entsteht, die die DGHS seit Jahren fordert.

Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) mit knapp 40 000 Mitgliedern sowie zahlreichen Freunden und Förderern setzt sich für das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben ein.