(dgpd Augsburg) Menschenrechte und Selbstbestimmung enden nicht, wenn ein Mensch alt, schwerkrank oder siech wird. Und Menschenrechte gelten nicht nur, wenn es um Abschiebung oder Folter geht. Und Menschenrechte gelten nicht nur im Ausland. Dafür setzt sich die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) seit Jahren ein. Zum Menschenrecht gehört eine humane und würdevolle Versorgung im Alter und in Alten- und Pflegeheimen. Die Missstände in vielen deutschen Heimen sind seit Jahren bekannt. Doch im deutschen Gesundheitswesen hält man schon eine satt-sauber-trocken-Pflege für das Maximum an realisierbarer Würde.
Schwerstkranke und sterbende Menschen wie etwa der 46-jährige krebskranke Urban (vgl. DIE ZEIT vom 08.12.2005) sind nach wie vor auf den Gang ins Ausland angewiesen, wenn sie nicht in einem Hospiz oder auf einer Palliativstation sterben wollen. Die Würde des Menschen muss endlich auch im Alter und am Lebensende wirksam geschützt werden, fordert die DGHS. Das wirklich selbstbestimmte Sterben ist ein unveräußerliches Menschenrecht. Und dieses Recht beinhaltet die Pflicht zu sagen: Der betroffene Patient entscheidet selbst. Man kann ihn über seinen Zustand aufklären, über Prognosen und bestehende leidenslindernde Optionen wie v. a. Schmerztherapie und Palliativmedizin, man kann ihm ein schmerzfreies Hinüberdämmern anbieten, die sog. terminale Sedierung. Aber wenn der Patient bei klarem Verstand all diese Optionen ablehnt, darf man ihn nicht aufgeben. Ihn dann allein zu lassen und ihm lediglich den letzten Ausweg in die Schweiz zu weisen, ist eines Rechtsstaates unwürdig.
Wer im eigenen Bett, im Beisein seiner Angehörigen und ärztlich begleitet durch eigene Hand sterben möchte, oder, wenn er selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, aktive direkte Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) wünscht, soll rechtsstaatlich überprüfte, aber eben legale Möglichkeiten hierzu haben. Ein Vertrösten des Gesetzgebers ausschließlich auf bislang nicht erfüllte Hoffnungen auf eine flächen-deckende Palliativmedizin als Alternative hilft den heute und morgen Sterbenden nicht; vielmehr engt sie den Willen Betroffener in einer Weise ein, dass von echter Selbstbestimmung nicht die Rede sein kann.
So wichtig die Freiheit der Meinungsäußerung (als Menschenrecht) in diesen existenziellen Fragen bleibt, so unnachgiebig fordert die DGHS das Menschenrecht auf ein würdiges Sterben gemäß Würde-Empfinden der betroffenen Patienten.
Wann endlich werden Ärzteverbände und Politik ein Einsehen haben und die Illusion von einem alles erschöpfend abdeckenden Palliativ- und Hospizwesen aufgeben? Wann wird man endlich begreifen, dass es seltene Extremfälle von unheilbar Schwerkranken gibt, denen eine Hilfe beim und zum Sterben kein Widerspruch ist?