Verfassungsbeschwerde gegen die Strafbarkeit der Hilfe zu einem freiverantwortlichen Suizid

Pressemitteilung des Instituts für Gesundheits- und Pflegerecht, Koblenz, vom 12.12.2016

Am 09.12.2016 hat der Koblenzer Rechtsanwalt Prof. Robert Roßbruch Verfassungsbeschwerde gegen die Strafbarkeit der Hilfe zu einem freiverantwortlichen Suizid eingereicht. Roßbruch, der seit November 2016 auch einer der beiden ehrenamtlichen Vizepräsidenten der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) e.V. ist, vertritt neben sich selbst den wohl bekanntesten Freitodbegleiter Deutschlands, den Berliner Arzt Christian Arnold, sowie die renommierte Schweizer Freitodbegleiterin und Gründerin des Vereins „lifecircle“ sowie der Stiftung „Eternal SPIRIT“, die Ärztin Dr. med. Erika Preisig. Gemeinsames Ziel des Vereins „lifecircle“ und der Stiftung „Eternal SPIRIT“ ist es, Selbstbestimmung im Leben und am Lebensende zu fördern und sich weltweit für die Legalisierung des begleiteten Freitodes einzusetzen. Zu den weiteren Beschwerdeführern gehört das Ehepaar Kurt (75) und Renate (72) Sch., die beide Mitglied von „lifecircle“ sind. Sie möchten aufgrund ihres Alters und ihrer schweren Erkrankungen die Option für sich offen halten, einen freiverantwortlichen ärztlich begleiteten Suizid durchführen zu können.
Die Verfassungsbeschwerde der fünf Beschwerdeführer hat das primäre Ziel, den am 10.12.2015 in Kraft getretenen § 217 Strafgesetzbuch, der die Hilfe zu einem freiverantwortlichen Suizid unter Strafe stellt, wegen Verstoßes gegen vom Grundgesetz garantierten elementaren Grundrechte vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklären zu lassen.
Der Staat hat, aus der Sicht der Beschwerdeführer, nicht das Recht, gerade das höchstpersönliche Sterben eines jeden Individuums, mithin die inkommensurable Erfahrung schlechthin, normativ zu regeln. Jedenfalls verbietet das Selbstbestimmungsrecht des Suizidwilligen als Ausdruck seiner allgemeinen Entscheidungsfreiheit und seines Rechts auf körperliche Unversehrtheit solche staatlichen Übergriffe, solange niemand durch das konkrete Verhalten des Suizidwilligen geschädigt wird. Es wäre mithin nicht nur widersprüchlich, sondern würde auch seltsam anmuten, wenn einerseits durch die zu begrüßende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Hinblick auf die persönlichen sexuellen Vorlieben und die Verfügung über die eigenen Daten gewährleistet wird, andererseits eine vom Suizidwilligen aus humanen Gründen gewünschte ärztliche Suizidassistenz, strafrechtlich sanktioniert wird und es damit dem Suizidwilligen faktisch unmöglich gemacht wird, selbstbestimmt in Deutschland über Art und Zeitpunkt seines eigenen ärztlich begleiteten Todes zu entscheiden. „Es kann daher“, so Prof. Robert Roßbruch, „innerhalb einer grundsätzlich auf Eigenverantwortung angelegten liberalen und säkularen Gesellschaft nicht angehen, dass der Staat einem Menschen, der an sein Lebensende gekommen ist, die Entscheidung darüber vorschreibt, wann und auf welche Art und Weise er sein Leben – wenn nötig, durch eine ärztliche Suizidassistenz – zu beenden bzw. nicht zu beenden hat. Dies kommt einem fremdbestimmten Tod gleich, verbunden mit einem Eingriff in den elementaren Bereich der Privatsphäre.“

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