Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) e. V. trauert um ihr langjähriges Mitglied und diesjährigen Arthur-Koestler-Preisträger Dr. h. c. Ralph Giordano. Heute Vormittag ist der Publizist im Alter von 91 Jahren an den Folgen eines Oberschenkelhalsbruches in einem Kölner Krankenhaus verstorben. Elke Baezner: „Wir trauern um einen wunderbaren Menschen und großartigen Publizisten. Er hat in einzigartiger Weise als wacher Zeitzeuge die Entwicklung der Bundesrepublik kritisch begleitet und unseren Einsatz für Selbstbestimmung bis zum Lebensende geteilt.“ Giordano hatte im Jahr 2005 öffentlich darüber gesprochen, dass seine frühere Ehefrau Sterbehilfe erfahren hatte und noch im Herbst dieses Jahres die PlakatKampagne „Mein Ende gehört mir“ von DGHS, Giordano-Bruno-Stiftung und Internationalem Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) mit seinem Portraitfoto unterstützt.
Baezner: „Es hat uns sehr geehrt, dass Giordano uns eine große persönliche Rede, die er für den Arthur-Koestler-Preis der DGHS zu Papier gebracht hat, als Vermächtnis zugedacht hat. Er hatte sich über die Preisverleihung, an der er schon nicht mehr persönlich teilnehmen konnte, sehr gefreut und angekündigt, den Preis in Ehren zu halten.“ Giordano, Sohn eines Sizilianers und einer jüdischen Mutter, hatte den Nationalsozialismus im Untergrund überlebt und in seinem Manuskript betont, „dass es nicht leicht war, unter der Glocke der ‚zweiten Schuld‘ hier geblieben zu sein.“ In dem ausführlichen Text sprach er auch von der Aufarbeitung der NS-Schuld und schlug den Bogen bis zu dem aktuellen Prozess wegen der NSUMordserie. Er sei „versöhnungsbereit gegenüber jedem, der sich wirklich müht, aber unversöhnlich gegenüber jeder Art von Unbelehrbarkeit.“ Die Rede im vollen Wortlaut ist unter www.dghs.de nachzulesen.
In seiner Laudatio auf die große Lebensleistung Giordanos hatte DGHS-Vizepräsident Prof. Dr. Dieter Birnbacher am 14. November 2014 über die Varianten von „Unfreiheit“ gesprochen, denen der Preisträger oftmals ausgesetzt war. So sagte Birnbacher u. a.: „Der Leitbegriff der Freiheit gilt auch für Giordanos Haltung zur Sterbehilfe. An seinem Bekenntnis zur Freiheit, nach eigenen Vorstellungen zu sterben, hat er nie einen Zweifel gelassen. Die für den Menschen schlechthin bestimmende Fähigkeit zur Freiheit darf nicht vor dem Tor des Todes enden. Wann und wie der Einzelne durch dieses Tor geht, ist seiner freien Selbstbestimmung überlassen.“
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