(dgpd Augsburg) Erstmals stellt eine maßgebliche Ärzteorganisation in Europa öffentlich fest: "Für Ärzte besteht bei Patienten am Lebensende die Aufgabe darin, Symptome zu lindern und den Patienten zu begleiten. Trotzdem kann am Lebensende in einer für den Patienten unerträglichen Situation der Wunsch nach Suizidbeihilfe entstehen und dauerhaft bestehen bleiben."
Zwar ist die Beihilfe zum Suizid auch weiterhin "nicht Teil der ärztlichen Tätigkeit" zur Heilung, Linderung und Begleitung. Die Verpflichtung aber, gleichwertig den Willen des Patienten zu achten, "kann auch bedeuten, dass eine persönliche Gewissensentscheidung des Arztes, im Einzelfall Beihilfe zum Suizid zu leisten, zu respektieren ist". Die Ärzte erkennen an, dass Palliativmedizin ihre Grenzen hat: "Nicht alles mit Sterben und Tod verbundene Leiden ist vermeidbar" - und zwar unabhängig vom Grad der tatsächlich gegebenen Versorgung.
Die neuen Medizin-ethischen Richtlinien der Schweizer Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) zur "Betreuung von Patienten am Lebensende"* thematisieren den gesamten Bereich der Sterbebegleitung und -hilfe. Sie zielen auf Kranke, "bei welchen der Arzt aufgrund klinischer Anzeichen zur Überzeugung gekommen ist, dass ein Prozess begonnen hat, der erfahrungsgemäß innerhalb von Tagen oder einigen Wochen zum Tod führt."
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) begrüßt den Mut der SAMW zu einem neuen und offenen Umgang mit der ärztlichen Suizidbeihilfe. Mit heftigem Gegenwind, vor allem aus Deutschland, ist indessen zu rechnen. Während aus anonymen Umfragen lange bekannt ist, dass in allen westlichen Ländern in Einzelfällen und vor allem in Grauzonen ärztliche Freitodhilfe bei Schwerstkranken geleistet wird, sperren sich deutsche Ärzteverbände gegen eine öffentliche Thematisierung.
Immer wieder kommt es vor, dass auch deutsche Schwerstkranke die liberalere Haltung des Nachbarlandes nutzen, um den eigenen Sterbeprozess abzukürzen. Der oft sehr beschwerliche Weg in die Schweiz wird als letzter Ausweg gewählt, weil in Deutschland entsprechende Hilfen nach offizieller Lesart nicht verfügbar sind. Wenn ein Arzt dennoch den begründeten Bitten um Freitodhilfe nachkommt, dann nur im Verborgenen und mit Blick auf gute "Beziehungen". Die DGHS setzt sich u.a. dafür ein, dass Ärzte in seltenen Extremfällen diese Möglichkeit einer humanen selbstbestimmten Sterbehilfe ohne Angst vor standes- oder strafrechtlichen Konsequenzen auch in Deutschland leisten dürfen. Die Bevölkerung vertraut ihnen dabei - heute schon.
* 1. Publikation zur Vernehmlassung, 05.02.2004, im Internet unter <link http: www.samw.ch>www.samw.ch
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) mit knapp 40 000 Mitgliedern sowie zahlreichen Freunden und Förderern setzt sich für das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben ein ... damit das Leben bis zuletzt human bleibt.