Patientenverfügung soll auch im Koma gelten. Neue Umfrage im Auftrag der DGHS befasst sich mit Elementen einer möglichen gesetzlichen Regelung der Patientenverfügung

(dgpd Augsburg) Eine Patientenverfügung sollte nicht erst im Sterbeprozess gültig sein, sondern bereits dann, wenn der Verfasser sich selbst nicht mehr äußern kann, z.B. auch im Komafall. Dies meinen 78% der Befragten in der neuen Repräsentivumfrage durch Emnid im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). 19% möchten die Patientenverfügung dagegen auf den eigentlichen Sterbeprozess begrenzt sehen.

Die Bundesregierung wie auch der Deutsche Bundestag lassen derzeit prüfen, ob die Anforderungen an Patientenverfügungen festgelegt oder gesetzlich geregelt werden sollen. Auf diesem Hintergrund fragte die DGHS nach möglichen Bestandteilen einer Regelung und der Gültigkeit von Patientenverfügung.

Wichtigstes, am häufigsten genanntes Element einer Patientenverfügung ist neben den Basisangaben die Nennung eines Bevollmächtigten, der den Willen des Patienten vertritt. Auch die Unterschrift eines Zeugen halten die Befragten für wichtig. Hinterlegungspflicht und notarielle Beglaubigung sind demgegenüber nachgeordnet.

Für den Fall einer gesetzlichen Regelung fordert die große Mehrheit (88%), dass die Patientenverfügung eine direkte Bindewirkung gegenüber dem Arzt oder Krankenhaus haben soll. Gewünscht wird außerdem die Möglichkeit für verbindliche Angaben zum Behandlungsabbruch oder -verzicht (85%) sowie ggf. die Festlegung auf eine Schmerzbekämpfung, auch wenn diese das Leben eventuell verkürzen würde (76%).

Die Ergebnisse basieren auf einer Umfrage durch das renommierte Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag der DGHS. Befragt wurden 1.002 Personen ab 14 Jahre im Erhebungszeitraum 26.- 27.01.2004.

Unten finden Sie eine Zusammenfassung der Umfrage.

Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) mit knapp 40 000 Mitgliedern sowie zahlreichen Freunden und Förderern setzt sich für das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben ein ... damit das Leben bis zuletzt human bleibt.

Aktuelle emnid-Umfrage Januar 2004

Klare Forderungen der Betroffenen:

Patientenverfügung im Kontext einer möglichen gesetzlichen Regelung

Die wichtigsten Ergebnisse: 
Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland haben offenbar eine klare Vorstellung davon, welche Elemente eine gültige Patientenverfügung enthalten und unter welchen Bedingungen sie gültig sein sollte. Für eine Festlegung oder gesetzliche Verankerung, wie sie die Bundesregierung und der Bundestag derzeit prüfen lassen, meldet die Bevölkerung deutliche Wünsche an.

1. Wichtigstes, am häufigsten genanntes Element einer Patientenverfügung ist neben den Basisangaben die Nennung eines Bevollmächtigten, der den Willen des Patienten vertritt. Auch die Unterschrift eines Zeugen halten die Befragten für wichtig. Hinterlegungspflicht und notarielle Beglaubigung sind demgegenüber nachgeordnet.

2. Für den Fall einer gesetzlichen Regelung fordert die große Mehrheit (88%), dass die Patientenverfügung eine direkte Bindewirkung gegenüber dem Arzt oder Krankenhaus haben soll.

3. Manche Rechtsmeinungen möchten eine Patientenverfügung auf den Sterbeprozess eingrenzen. Hier bezieht die Bevölkerung eine gegensätzliche Position: Eine Patientenverfügung sollte schon vor dem Sterbeprozess gültig sein, nämlich ab dem Moment, in dem der Patient sich selbst nicht mehr äußern kann, dies meinen 78%. 

Die Ergebnisse basieren auf einer Umfrage durch das renommierte Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag der DGHS. Befragt wurden 1.002 Personen ab 14 Jahre im Erhebungszeitraum 26.- 27.01.2004. Die gemeinwohlorientierte DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR HUMANES STERBEN (DGHS) setzt sich ein für die Verbesserung der Bedingungen für Sterbende und Schwerstkranke, für einen Ausbau der Hilfen und die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende. Seit 1987 lässt sie immer wieder repräsentative Meinungsumfragen zu ihrem Themenkreis durchführen. Im Focus der hier vorgestellten Umfrage stehen die Forderungen der Bevölkerung im Kontext einer möglichen gesetzlichen Regelung der Patientenverfügung.

Hintergrund

Patientenverfügungen zur Absicherung eines humanen, selbstbestimmten und menschenwürdigen Sterbens werden in Deutschland immer wichtiger. Sie gelten in der medizinischen Praxis als wertvoller Hinweis auf den Willen des Patienten, wenn dieser sich nicht mehr selbst äußern kann. Doch welche formalen und inhaltlichen Kriterien eine Patientenverfügung erfüllen muss, um gültig zu sein, ist bisher nicht im Detail gesetzlich geregelt. Juristisch gilt sie als einseitige Willenserklärung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, die so lange gültig ist, bis der Verfasser sie widerruft oder ihr widerspricht oder sie durch eine aktuelle Fassung ersetzt. Die Bundesregierung lässt derzeit prüfen, ob die Patientenverfügung gesetzlich geregelt werden soll. Die beim Bundesjustizministerium angesiedelte Arbeitsgruppe "Patientenautonomie am Lebensende" unter der Leitung von Klaus Kutzer, Vorsitzender des Bundesgerichtshofes a.D., soll entsprechende Vorschläge erarbeiten. Auch die vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" hat sich dieses Thema auf die Agenda gesetzt. Ein früheres Gutachten der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums kam zu dem Schluss, eine allgemein gültige und standardisierte Patientenverfügung solle es nicht geben.Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) hat in ihren Vorsorgeunterlagen (Patientenschutzmappe) die Patientenverfügung, die Betreuungsverfügung und die Vorsorgevollmacht für Heilbehandlungen integriert. Sie macht mit Ärzten im Patientenvorgespräch und bei der Anerkenntnis der Patientenverfügung i.d.R. gute Erfahrungen. Dennoch hören wir immer wieder von Einzelfällen, in denen eine Patientenverfügung nicht die ihr zustehende Anerken-nung gefunden hat. Zudem sind etliche Vordrucke auf dem freien Markt erhältlich, die die DGHS für nicht geeignet hält. Um eine verlässliche Basis für alle Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, wäre daher eine Festlegung grundsätzlich begrüßenswert. Die DGHS lehnt aber alle unzumutbaren Anforderungen ab, die geeignet sind, diese wichtige Frage der Vorsorge unnötig für die Bürger zu verkomplizieren.

Ergebnisse und DGHS-Positionen

Die große Mehrheit der Befragten sieht Festlegungsbedarf für einzelne Elemente einer gültigen Patientenverfügung, nur wenige sprachen sich dafür aus, es bei den Basisangaben zu belassen. Für die Frage, welche Elemente bei einer Festlegung zu berücksichtigen seien, ergibt sich eine klare Rangfolge: Der Bevollmächtigte genießt höchste Priorität, gefolgt von der Unterschrift eines Zeugen (der auch Arzt sein kann). Die Hinterlegungspflicht bei einer Sammelstelle wird dagegen ebenso wie die notarielle Beurkundung nur als nachrangig eingestuft. 

Bei einer gesetzlichen Regelung der Patientenverfügung wäre die direkte Bindewirkung gegenüber dem Arzt oder Krankenhaus das allerwichtigste Kriterium. Die Menschen wollen, dass der behandelnde Mediziner sich unmittelbar an die Verfügung hält. Damit wird indirekt auch der gelegentlich geäußerte Anspruch von einzelnen Ärzten, sich die letzte Entscheidung vorzubehalten, zurückgewiesen. Dass die Verfügung verbindliche Angaben zu Behandlungsabbruch oder Behandlungsverzicht enthalten können soll, unterstreicht diesen Wunsch nach echter Selbstbestimmung. Auch bei der Frage, in welcher Situation eine Patientenverfügung Gültigkeit haben soll, ergibt sich ein klares Meinungsbild: Nicht erst ab dem eigentlichen Sterbeprozess, sondern bereits dann, wenn der Patient sich nicht mehr selbst äußern kann, das heißt z.B. auch im Komafall. Nach derzeitiger Auffassung sind Koma-Patienten keine Sterbenden. Die Unfrage bestätigt damit auch das DGHS-Angebot eines Patientenschutzbriefes zur lebenserhaltenden Therapie, das im Zusammenhang mit knappen Geldern im Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung gewinnt. 

Tabelle 1: Elemente einer Patientenverfügung
Die Bundesregierung prüft derzeit, ob die so genannte Patientenverfügung verbindlich geregelt werden soll. Mit einer Patientenverfügung kann jeder Bürger im Voraus festlegen, welche medizinischen Behandlungen für ihn in Frage kommen, wenn er aussichtslos krank ist und sich selbst zu seiner weiteren Behandlung nicht mehr äußern kann. Noch ist nicht geklärt, welche Elemente Teil einer solchen Patientenverfügung sein sollten. Was sollte Ihrer Meinung nach neben dem Text der Verfügung, dem Namen, Ort, Datum, der Unterschrift noch für eine gültige Patientenverfügung festgeschrieben werden? *)

%
der Hinweis auf einen Bevollmächtigten, der später den Willen des Patienten gegenüber den Ärzten und dem Krankenhaus erlitt84
die Unterschrift eines Zeugen62
eine Hinterlegungspflicht bei zentralen Sammelstellen37
eine notarielle Beurkundung37
Sonstiges1
nichts davon, Name, Ort, Datum, Unterschrift und Text reichen aus7
keine Angaben2

*) Mehrfachnennung möglich

Tabelle 2: Gesetzliche Regelung einer Patientenverfügung
Ich lese Ihnen noch einige Aussagen zur gesetzlichen Regelung einer Patientenverfügung vor. Bitte sagen Sie mir jeweils, ob Sie der Aussage zustimmen oder nicht zustimmen.*)

stimme zu %stimme nicht zu %keine Angabe %
Die Patientenverfügung sollte direkte Bindewirkung gegenüber dem behandelnden Arzt bzw. dem Krankenhaus haben.88102
In der Patientenverfügung sollte der Patient sich auf eine Schmerzbekämpfung festlegen dürfen, auch wenn sich durch diese Schmerzbekämpfungen sein Leben eventuell verkürzen könnte.76213
In der Patientenverfügung sollte der Patient verbindliche Angaben zum Behandlungsabbruch oder zum Behandlungsverzicht machen dürfen, wie z.B. dem Einstellen einer künstlichen Beatmung oder den Verzicht auf die Behandlung zusätzlich auftretender Erkrankungen.85122
Die Patientenverfügung sollte nach Abschluss zeitlich unbegrenzt gültig sein und nicht in gewissen Zeitabständen erneuert werden müssen.63342

*) Mehrfachnennung möglich

Tabelle 3: Gültigkeit der Patientenverfügung
Sollte die Patientenverfügung nur für den eigentlichen Sterbeprozess gelten oder sollte die Patientenverfügung schon vorher, also ab dem Moment, in dem der Patient sich selbst nicht mehr zu seiner Behandlung äußern kann (z.B. im Komafall), für die Ärzte bzw. das Krankenhaus verpflichtende Wirkung haben?

%
Sollte erst ab dem eigentlichen Sterbeprozess gültig sein19
Sollte schon vorher, also ab dem Moment, in dem der Patient sich selbst nicht mehr äußern kann, gültig sein78
keine Angabe3