Palliativmedizin und aktive Sterbehilfe können sich ergänzen

Als drittes Land in Europa verabschiedet Luxemburg umfassende Gesetze zur Sterbehilfe

(dgpd Augsburg) Nach den Niederlanden und Belgien schickt sich nun Luxemburg an zu beweisen, dass Palliativmedizin und Sterbehilfe sich nicht ausschließen. Die Abgeordnetenkammer hat zwei entsprechende Gesetze verabschiedet und damit eine umfassende gesetzliche Regelung der selbstbestimmten Gestaltung des Lebensendes auf den Weg gebracht.

Die Abgeordneten stimmten einstimmig für eine Regierungsvorlage, in der v. a. das Recht auf  Palliativmedizin und -pflege, finanziert durch die luxemburgische gesetzliche Krankenkasse, festgeschrieben wird. Die andere Gesetzesvorlage ist ein bereits 2003 verhandeltes – und damals knapp abgelehntes – Papier der Abgeordneten Lydie Err und Jean Huss. Sie wollen weitergehende Regelungen bis hin zur auch aktiven (direkten) Sterbehilfe, wie sie bereits in den Niederlanden und in Belgien möglich ist. Das luxemburgische Parlament hat nun überraschend beide Gesetzespapiere angenommen und damit die Weichen gestellt für eine maximale Bandbreite an Hilfen für ein menschenwürdiges Lebensende: Dazu gehört die Schmerztherapie genauso wie die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen und die gesetzliche Absicherung der Beendigung von lebenserhaltenden Maßnahmen (passive Sterbehilfe) sowie die Klarstellung der indirekten Sterbehilfe. Darüber hinaus sollen künftig unter bestimmten Voraussetzungen auch der assistierte Freitod und die aktive (direkte) Sterbehilfe möglich sein. Um Missbrauch zu vermeiden ist geplant, eine nationale Kontrollinstanz einzurichten.

Den Befürwortern einer Regelung der aktiven direkten Sterbehilfe ist es offenbar gelungen, einige ihrer Gegner zu überzeugen: Der Err/Huss-Entwurf wurde überraschend mit 30:26 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. Der Staatsrat muss die Gesetze noch genehmigen, dabei wird es wohl nur noch um Details gehen. Der derzeit nur auf Französisch vorliegende Text lehne sich zu 90 Prozent am belgischen Sterbehilfe-Gesetz an, sagte Huss im Gespräch mit der DGHS. Er rechne mit einem Inkrafttreten im Herbst dieses Jahres.

Luxemburg wäre damit das dritte Land in Europa mit einer weit gehenden gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe. (In der Schweiz ist die aktive Sterbehilfe verboten; die hier mögliche Suizidbegleitung ist nicht eigens gesetzlich geregelt.) Luxemburg wird sich wohl damit abfinden müssen, dafür an den Pranger gestellt zu werden. Die Niederlande und Belgien sehen sich bis heute trotz anerkannt guter Noten für Palliativversorgung und teils Hospizbegleitung mit Vorwürfen einiger deutscher Hardliner konfrontiert, sie wollten ihre Alten und Kranken ermorden. Die Mehrheit des luxemburgischen Parlaments scheint das allerdings nicht zu beeindrucken. Sie zeigt, dass sich Palliativhilfe und selbstbestimmtes Sterben ergänzen können.

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