Anlässlich der am morgigen Donnerstag stattfindenden ersten Orientierungs-Debatte im Deutschen Bundestag zur Sterbebegleitung warnt die DGHS dringend vor einer Verschärfung des Strafrechts. „Ein Verbot der organisierten Hilfe zur Selbsttötung würde die hilfesuchenden Menschen verstärkt in die Grauzone treiben“, so DGHS-Präsidentin Baezner. Ein weiter wachsender „Sterbe-Tourismus“ in das liberalere Nachbarland Schweiz sei keine befriedigende Antwort auf den Wunsch der Menschen nach Selbstbestimmung bis zum Lebensende.
Neben der Schaffung eines Strafrechtsparagraphen § 217 gibt es einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag, der die Möglichkeit des ärztlich assistierten Suizids im Zivilrecht (BGB) regeln will. Dazu Elke Baezner: „Die Etablierung einer Strafbarkeit jeder Suizidbeihilfe aus Gewinnabsicht hätte allenfalls deklaratorischen, also moralischen Gehalt, würde aber objektiv ins Leere laufen. Sollte Organisationen oder privaten Helfern gewerbsmäßiges, gar kriminelles Handeln nachgewiesen werden können, genügen die bestehenden Gesetze zu ihrer Ahndung. Ein Verhalten strafbar zu machen, das es bisher nicht war, erfordert stichhaltige und empirisch gut belegte Gründe. Die gibt es nicht. Das Strafrecht ist kein Mittel, um Emotionen Ausdruck zu geben.“ Daher sieht die DGHS auch die jüngsten, von CDU und CSU dazu vorgelegten Positionspapiere, sehr kritisch. Darin wird die Verbots-Forderung bekräftigt.
Begrüßenswert an dem Alternativ-Vorschlag Hintze (CDU), Dr. Reimann (SPD) & Co ist nach Auffassung der DGHS, dass er die rechtliche Regelung u. a. damit motiviert, dass Rechtssicherheit für Patienten und Ärzte geschaffen werden soll. Das geht vor allem gegen den Flickenteppich an standesrechtlichen Regeln, den wir gegenwärtig haben. Eine allgemeingesetzliche Regelung hätte Aussicht, den Ärztekammern das Heft aus der Hand nehmen. Baezner: „Es kann ja wohl kaum sein, dass der Bundestag ausdrücklich die Suizidbeihilfe unter bestimmten klar definierten Bedingungen für Ärzte erlaubt und die Ärztekammern diese Freiräume ihrerseits standesrechtlich verschließen.“
Kritik an dem Reimann/Hintze-Vorschlag äußert die DGHS in folgenden Details:
1. der Begrenzung der Reichweite auf „irreversibel zum Tode führende Erkrankungen“. Auch chronische Erkrankungen, schwere Behinderungen und unbehandelbare schwere Depressionen sollten eingeschlossen werden. Entscheidend sollten der subjektive Leidensdruck und mangelnde Besserungsaussichten sein.
2. die Begrenzung der Reichweite auf Fälle, in denen „eine palliativmedizinische Versorgung nicht mehr angezeigt ist“. Die Beschränkung jeder Hilfe am Lebensende auf rein palliative Maßnahmen werden den Patienten nicht gerecht, die selbstbestimmt und bei vollem Bewusstsein sterben wollen, oder Patienten, die einer real drohenden Demenz zuvorkommen wollen.
Die DGHS schlägt seit Langem vor, werteneutrale, kompetente, objektive, uneigennützige Beratungsstellen einzurichten, an die Sterbewillige sich vertrauensvoll wenden können vor jeder Entscheidung. Dann erst kann ermittelt werden, welche Hilfe angezeigt ist und wer sie leistet. Hier liegt das Problem, hier ist echter Handlungsbedarf.