"Keine glatten Lösungen!"

Kontroverse Diskussion um Patientenverfügung im Fall der Demenz

(dgpd Augsburg und Berlin) Obwohl die Patientenverfügung inzwischen gesetzlich geregelt wurde, ist ihre Umsetzung in Fällen wie Koma oder Demenz umstritten. "Es kann keine glatten Lösungen geben", sagt Professorin Dr. Bettina Schöne-Seifert auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) am 13. November 2009 in Berlin. Im Rahmen dieser Veranstaltung verlieh die DGHS den Arthur-Koestler-Preis 2009 an die "Spiegel"-Radakteurin Beate Lakotta für ihren Artikel "Das Leiden der Anderen".

Der Düsseldorfer Ethiker Prof. Dr. Dieter Birnbacher, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der DGHS, die eingeladen hatte, wies im voll besetzten Saal auf ein grundsätzliches Dilemma im Umgang mit Demenzkranken hin, das entstehe, "wenn die in der Patientenverfügung geäußerten vorgreifenden Wünsche in eine andere Richtung zielen als die Bedürfnisse, die der Patient akut zu erkennen gibt." Denn zu Problemen in der Umsetzung einer Patientenverfügung kommt es in der der Regel nur, wenn sich z. B. Angehörige und Ärzte nicht einig sind. DGHS-Präsidentin Elke Baezner wies auf die neu entwickelte "Demenz-Verfügung" der DGHS hin, "wohl wissend, dass wir damit an Grenzen rühren."

Die Forderung, dass Patientenverfügungen rechtlich verbindlich sein sollen, finde nahezu einhellige Zustimmung in der Bevölkerung, betonte  Prof. Dr. Wolfgang van den Daele, Berliner Soziologe und Mitglied des Nationalen Ethikrates: "Dabei haben die Menschen vor Augen, dass sie durch Unfall oder Gebrechlichkeit - oder Altersdemenz - in einen Zustand geraten könnten, in dem sie hilflos, handlungs- und entscheidungsunfähig sind."

Rechtsanwalt Wolfgang Putz, Münchner Experte für Medizinrecht, hält die Verbindlichkeit von Willensverfügungen bei Demenz für "besonders schwierig". Selbstverständlich könne man auch hier eine Lebensverlängerung durch eine künstliche Ernährung untersagen. "Das Dilemma ist, dass längst vorher der Patient einerseits einen Zustand erreicht haben kann, den er in seiner eigenen Wertung in gesunden Tagen als 'unwürdig' klassifiziert hat. Andererseits aber setzt derselbe Patient nunmehr als Kranker seine Lebenserhaltung durch selbstständige Nahrungsaufnahme fort."

Kontakt