Hinsichtlich Beschluss des Bundesgerichtshofs in der Betreuungssache vom 17. März 2003 (XII ZB 2/03) stellt die DGHS in Verbindung mit ihrer Presse-Info vom 11.04.2003 folgende Thesen und Forderungen auf:
1. Höchstrichterliche Entscheidungen wie die des Bundesgerichtshofs von 1994 (BGH, "Kemptener Urteil") und des BGH vom 17.03.2003 entlasten den Gesetzgeber nicht von seiner Verpflichtung einer umfassenden gesetzlichen Regelung der Sterbebegleitung und Sterbehilfe.
2. Aktuelle gerichtshängige Verfahren wie auch das vor dem BGH in der Betreuungssache machen deutlich, dass die Um- und Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts von Patienten sogar bei vorliegender Patientenverfügung über Gerichte unverhältnismäßig lange dauert. Im Fall des OLG Frankfurt von 1998 (20 W 224/98) konnte gemäß Gutachten nicht einmal ausgeschlossen werden, dass die Patientin erhebliche Schmerzen leidet. Die DGHS fordert deshalb wesentlich zügigere Gerichtsverfahren, ersatzweise Sondergerichte, die in dringenden Fällen auch an Wochenenden mit zügiger Einschaltung von medizinischen Gutachten, Ethikern und Patientenschutz-Organisationen (z. B. der DGHS) helfen, die Patientenrechte grundgesetzkonform durchzusetzen.
3. Auch die Einsetzung von Enquete-Kommissionen im Bundestag kann nicht die öffentliche Diskussion der Parlamentarier im Bundestag zu Fragen der Sterbebegleitung und Sterbehilfe nach Gewissensent- scheidung jedes einzelnen Abgeordneten ersetzen. Die DGHS fordert deshalb die in den Landtagen und im Bundestag vertretenen Parteien und Abgeordneten auf, den Willensbildungsprozess der Bevölkerung in diesen Fragen umzusetzen. Hinsichtlich dieses Willensbildungsprozesses gibt es seit Jahren aussagekräftige Repräsentativumfragen.
4. Die Verknappung der Gelder im Gesundheitswesen macht es dringlich, auch die Bedeutung von Patienten- verfügungen zur lebenserhaltenden Therapie zu unterstreichen. Dieser Aspekt wurde im BGH-Beschluss nicht beleuchtet. Die DGHS fordert deshalb die am Sterbeprozess beteiligten Einrichtungen, Personen, Entscheidungsträger und Gerichte auf, die Möglichkeit des Selbstbestimmungsrechts von Patienten in beiden Richtungen zu gewährleisten, a) hinsichtlich sterbensverkürzender Maßnahmen, b) hinsichtlich lebensverlängernder Maßnahmen. Entscheidend ist der Wille des Patienten und sein Würde-Empfinden.
5. Der BGH-Beschluss vom 17.03.2003 spart grundsätzlich die Frage aus, wie bei Patienten zu verfahren sei, deren Grundleiden noch keinen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen hat, die aber in einer Patientenverfügung festgelegt haben, dass sie bei bestimmten Formen des Siechtums, schwerer Unfälle oder Krankheiten auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichten und darauf dringen, dass ihr Wille diesbezüglich auch respektiert wird. Die DGHS fordert deshalb den Gesetzgeber auf, sich insbesondere auch diesen Fragen zu widmen, um Gerichten, Ärzten, Pflegepersonal, Angehörigen und vor allem den betroffenen Patienten mehr Rechtsklarheit zu verschaffen.