Der Klageweg auf Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital (NaP) für die Möglichkeit des selbstbestimmten Sterbens geht in die nächste Runde. Das Mittel ist bei Schweizer Sterbehilfegesellschaften üblich und gilt bei Experten als das sanfteste und sicherste Mittel, um eine Freitodbegleitung durchzuführen.
In Deutschland ist das Mittel nur in der Tiermedizin zulässig, ein Re-Import aus dem Ausland ist verboten. Das Betäubungsmittelgesetz sieht ausschließlich das Verschreiben für einen therapeutischen Zweck vor. Seit dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.3.2017 haben sich mehr als 190 Schwerstkranke mit dem Wunsch nach Erteilung einer Ausnahmegenehmigung an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gewandt. Die erhofften Ausnahmegenehmigungen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wurden trotz dieses Urteils vom Bundesgesundheitsminister blockiert. Um dafür eine Klärung und Lösung herbeizuführen, beschreiten die von der DGHS unterstützten Antragsteller/innen den Rechtsweg. Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem heute veröffentlichten Urteil die Klage des DGHS-Mitglieds M. abgewiesen. Seit das Verbot der organisierten Suizidhilfe nicht mehr gelte (BVerfG, 26.2.2020), so das Verwaltungsgericht Köln, sei es dem Kläger möglich und zumutbar, auf einem anderen Wege als durch ein Rezept für Natrium-Pentobarbital die Selbsttötung herbeizuführen. Er könne, so das Gericht weiter, eine Sterbehilfegesellschaft in Deutschland oder einen dafür bereiten Arzt in Anspruch nehmen. Diese verwenden eine Kombination aus drei verschiedenen Medikamenten. Das Gericht betont, dass dies nur für eine Übergangszeit gelten könne, bis der Bundestag ein gesetzgeberisches Schutzkonzept für den Umgang mit Freitodbegleitungen entwickelt hat. „Es besteht für die Ärzteschaft und den Gesetzgeber Handlungsbedarf“, betont der Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwalt Prof. Robert Roßbruch, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben ist.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen. RA Prof. Robert Roßbruch kündigt für seine/n Mandanten, den er im Rahmen seines Amtes als DGHS-Präsident pro bono anwaltlich vertritt, Berufung an. Er sagt: „Der Verweis auf mögliche andere verschreibungspflichtige Medikamente zum Zweck des Suizids ist für die Kläger nicht hinnehmbar, da die Einnahme dieser Medikamente nicht nur ärztliches Erfahrungswissen zwingend voraussetzt, sondern auch mit nicht geringen Risiken verbunden ist. Die Kläger möchten jedoch das einfachste und sicherste Medikament für ihren Suizid und dies ist nun einmal Natrium-Pentobarbital. Es gibt keine wirkliche gleichgute Alternative dazu.“
Im Verlauf des Antrags- und Prozessverfahrens waren bereits einige der insgesamt acht von Roßbruch vertretenen Kläger/innen an ihren schweren Erkrankungen verstorben. Wenn das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für die Bewilligung nicht der passende Adressat sein soll, müssen, so Roßbruch, die Patienten die Möglichkeit bekommen, nach einer Änderung des Betäubungsmittelrechts durch einen Arzt die Verschreibung von NaP zu erhalten. „Eine bloße Verweigerungshaltung durch den Gesundheitsminister ohne aufgezeigte Alternativen ist inakzeptabel“, betont der DGHS-Präsident.