Sterben und Tod sind offenbar in Heimverträgen kein Thema; es gab Alternativen für den Koma-Patienten, der nun weiterhin per Magensonde zwangsernährt wird; zum Urteil des Oberlandesgerichts München.
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) appelliert an die für Heimpflege- und Krankenhauspflege zuständigen Verantwortlichen: Nötig ist eine gründliche Überprüfung der Verträge bezüglich des Selbstbestimmungsrechts der Patienten. Das Urteil des OLG München hat vor allem eines offenkundig gemacht: Der Tod ist im Altenheim offenbar immer noch ein um jeden Preis zu bekämpfender Feind. Der aus dem Heimvertrag abgeleitete "objektiv gebotene Lebensschutz" (Urteil) ist letztlich höher zu bewerten als das Selbstbestimmungsrecht der Heimbewohner. Pflege und Lebensschutz werden gleichgesetzt. Bedauerlich daran ist, dass das Thema Sterben anscheinend bis heute keinerlei Eingang gefunden in Überlegungen zur vertraglichen Gestaltung der Pflege. Laut Schätzungen sterben etwa 25 Prozent der Menschen in Heimen. Dass die Pflege bis zum Tod vor allem bei einem im Sterben befindlichen Bewohner (das trifft für den Koma-Fall nicht zu) auch Verzicht und Einschränkung bedeuten kann, wenn der Betroffene dies ausdrücklich wünscht, wird ausgeblendet.
Niemand darf gegen seinen Willen zu Handlungen der Sterbehilfe gezwungen werden. Doch daraus den Umkehrschluss abzuleiten, das Selbstbestimmungsrecht des Patienten hätte am Lebensende keine Bedeutung, wäre fatal. Im Fall des jungen Koma-Patienten gab es Alternativen: Der Vater hätte seinen Sohn zu sich nach Hause nehmen oder ihn in ein anderes Heim verlegen können. Beides war offensichtlich nicht gewollt und deshalb ist beiden Parteien - Kläger und Beklagtem - ein gewisser Mangel an Verantwortungsbereitschaft zu bescheinigen. Viele Menschen in Deutschland haben Sorge, in hohem Alter ein in ihren Augen unwürdiges Heim-Dasein erleben zu müssen, das sie nicht mehr selbst bestimmen und gestalten können. Das Urteil des OLG München ist nicht geeignet, ihnen diese Sorge zu nehmen.
Insgesamt zeigt dieser Fall, wie unzureichend die Gesetzeslage hinsichtlich der Rechte am Lebensende in Deutschland ist - anders als in Nachbarländern. Die Folge sind hochriskante Suizidversuche ohne fachliche Begleitung, die zu schwersten bleibenden Schäden führen können. Daher sollte diese letzte aller Möglichkeiten wenn überhaupt nur wohlüberlegt und in der Verantwortung für die Folgen in Betracht gezogen werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) mit knapp 40.000 Mitgliedern sowie zahlreichen Freunden und Förderern setzt sich für das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben ein.