Ende der Grauzonen-Politik? Gesetzesvorschlag aus Hamburg bestätigt DGHS-Position: Ungleichbehandlung Schwerkranker ist rechtlich nicht haltbar; Mut von Dr. Roger Kusch zum Widerstand gegen politische Denkblockaden verdient Anerkennung

Gesetzesvorschlag aus Hamburg bestätigt DGHS-Position: Ungleichbehandlung Schwerkranker ist rechtlich nicht haltbar; Mut von Dr. Roger Kusch zum Widerstand gegen politische Denkblockaden verdient Anerkennung

(dgpd Augsburg) Wer als unheilbar Kranker seinen Sterbeprozess selbst bestimmt und von eigener Hand abkürzen will, kann dies tun, so lange er körperlich dazu in der Lage ist: Suizid und die Beihilfe zum Suizid sind als solche in Deutschland nicht strafbar. Wer aber körperlich nicht in der Lage ist, sich selbst zu töten, ist auf die Tat und Hilfe eines anderen angewiesen. Die skurrile Rechtslage in Deutschland erschwert solche Hilfeleistungen, weil der Helfer u. U. lebenserhaltend eingreifen muss („unterlassene Hilfeleistung“, „Garantenpflicht“) oder die Hilfe von vornherein verboten ist (§ 216 StGB: Tötung auf Verlangen).

Auf diesem Hintergrund ist ein von Hamburgs Justizsenator Kusch angekündigter Gesetzentwurf zu verstehen. Konkrete Vorstellungen dazu hat Dr. Roger Kusch bereits in einem juristischen Fachaufsatz in der renommierten Neuen Juristischen Wochenschrift veröffentlicht (NJW Nr. 5/2006 vom 30.01.06). Demnach soll es einen neuen § 217 im Strafgesetzbuch geben, der die Tötung auf Verlangen unter bestimmten Voraussetzungen (schwerster, nicht anders zu lindernder Leiden; Mindestalter 18 Jahre; schriftlich dokumentiertes ärztliches Beratungsgespräch über Alternativen, Tragweite und Freiwilligkeit des Sterbewunsches; notarielle Beurkundung des Sterbeverlangens) straffrei stellt.

Bereits 1986 und umfassender in den 90er Jahren hat die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) in diesen Fragen Handlungsbedarf gesehen: Neben Klarstellungen zur passiven und indirekten Sterbehilfe sollte der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen Möglichkeiten zur ärztlichen Beihilfe zum Suizid für unheilbar Kranke und – falls der Patient zu einer Selbsttötung körperlich nicht in der Lage ist – zur aktiven direkten Sterbehilfe schaffen. Um Missbrauch zu vermeiden, sollen Freitodbeihilfe und aktive direkte Sterbehilfe an enge Kriterien gebunden und nur in seltenen Extremfällen (Ultima Ration) nicht rechtswidrig sein (vgl. „Rechtspolitische Leitsätze der DGHS zu einer gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe und -begleitung“). 

Kusch ist der erste Justizsenator bzw. -minister in der Geschichte der Bundesrepublik, der einen konkreten gesetzlichen Regelungsentwurf zur Tötung auf Verlangen vorgelegt hat. Dies ist schon allein deshalb bemerkenswert, weil der Senator CDU-Politiker und bekennender Christ ist. Anders als die konfessionell gebundene Bevölkerung, die mehrheitlich ihren Glauben sehr wohl mit Sterbehilfe vereinbaren kann, lehnen die veröffentlichten Meinungseliten häufig die bloße Diskussion darüber ab. 

Für seinen Mut zu einem solchen Gesetzesvorschlag und für seinen hartnäckigen Widerstand gegen politisch verordnete Denkblockaden verdient Dr. Roger Kusch unsere vollste Anerkennung.

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