(dgpd Augsburg) Im Katechismus der Katholischen Kirche, den der gestern von Kardinälen gewählte Papst zu verantworten hat, wird die Todesstrafe als staatlich probates Mittel nicht ausgegrenzt. Statt dies als „Kultur des Todes“ zu bezeichnen fühlte sich Joseph Cardinal Ratzinger berufen, den demokratisch verankerten Willensbildungsprozess für eine umfassende Regelung der Euthanasie (2) und den darauf ausgerichteten individuellen Willen betroffener Pflegebedürftiger und Sterbender als „Kultur des Todes“ gegen eine vermeintliche „Kultur des Lebens“ auszuspielen (3).
Die Kirche und der neue Papst vertreten einen Glauben, den sie von einer bestimmten Gottes-vorstellung ableiten. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland hingegen ist als freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat konzipiert, in dem Bürger in freien, unabhängigen Wahlen ihren Einfluss am politischen Willensbildungsprozess zur Geltung bringen können. Kardinal Walter Kasper machte den Unterschied deutlich: „Die Kirche ist keine Demokratie…“ (Leserbrief Süddeutsche Zeitung, 4.4.2001). Ist es gerechtfertigt, wenn Kurie und Kirche so nachhaltig auf den politischen Willensbildungsprozess in Deutschland Einfluss nehmen?
Die Medien huldigen dieser demokratiefeindlichen Institution durch eine meist überaus wohlwollende Berichterstattung z. B. zu Sterben und Tod von Papst Johannes Paul II. sowie der Wahl von Joseph Cardinal Ratzinger zum neuen Papst seitens der Kardinäle (die ihrerseits nicht gewählt, sondern von Päpsten, viele davon durch Papst Johannes Paul II. ernannt wurden). Die Verstrickungen der Kirche(n) in die nationalsozialistische Pseudo-„Euthanasie“ – eine tatsächliche <diktatur> – werden verdrängt. Der Inthronisation des neuen Kirchenfürsten wird breiter Raum gewährt. Der Willensbildungsprozess von über 80 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung für eine umfassende gesetzliche Regelung der Sterbebegleitung und Sterbehilfe bis zur Ultima Ratio der auch aktiven direkten Tötung von Patienten nach deren Willen (4) wird in den Medienberichten zu diesem Themenkomplex nicht im Rahmen gebotener Verhältnismäßigkeit gewichtet.</diktatur>
(1) Vgl. Erklärung „Dominus Iesus“ und die „Vorstellung der Erklärung Dominus Iesus im Pressesaal des Heiligen Stuhls am 5. September 2000“ in: Joseph Cardinal Ratzinger: Weggemeinschaft des Glaubens. Kirche als Communio, Augsburg 2002, S. 180 ff. (2) Euthanasie verstanden im Sinne der Sprache des Staates der Urdemokratie, Griechenlands, als leichter Tod (aus „Eu“ = gut, schön, angenehm und „thanatos“ = Tod) (3) Vgl. u. a. Enzyklika „Evangelium Vitae“ von Papst Johannes Paul II. „über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens“ (25.3.1995) (4) Vgl. forsa-Umfragen 2001 ff. (Auftraggeber DGHS) und DGHS-Positionen, insbes. „Rechtspolitische Leitsätze der DGHS zu Patientenverfügung und Sterbehilfe“. Sonderdruck aus HLS, Heft 2/2004