Der Bürger braucht keinen Schutz vor sich selbst

Die Patientenverfügung muss im Interesse der Verfasser geregelt werden; Sanktionen bei Missachtung; keine Konsequenzen bei ärztlicher Freitodhilfe; jeden Monat sterben 70.000 Menschen in Deutschland

(dgpd Augsburg) Ein Gesetz, das lediglich die Patientenverfügung regelt, reicht nicht aus um die Rechte von Patienten am Lebensende abzusichern. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) in Augsburg hin. Ergänzend ist eine intensive Aufklärungsarbeit und eine begleitende Regelung im Strafrecht nötig, die klarstellt: Der Abbruch von oder Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen ist straffrei, wenn er dem Willen des Patienten entspricht. So erhalten Ärzte, Angehörige und Pflegekräfte mehr Rechtssicherheit. Auch Sanktionen bei Missachtung einer gültigen Patientenverfügung sollten nicht mit einem Denkverbot belegt werden. 

Zudem muss darüber hinaus gewährleistet werden, dass die Menschen zu Hause sterben können, wenn sie dies wünschen. "Das Recht auf Schmerzfreiheit ist genauso ein Menschenrecht wie das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben", betont DGHS-Präsident Karlheinz Wichmann. Ein Arzt, der einem unheilbar kranken und schwer leidenden Patienten zur frei verantwortlichen Selbsttötung verhilft, sollte außerdem weder standes- noch strafrechtliche Konsequenzen befürchten müssen. Die "schizophrene Lage" in Sachen Suizidbeihilfe müsse endlich ein Ende haben. 

Der DGHS-Präsident kritisierte, dass die Politik in den letzten zehn Jahren nahezu untätig gewesen sei. Bereits 1997 hatte die DGHS Versorgungsmängel aufgezeigt und eine "patientengerechte Schmerzbekämpfung und Leidenslinderung" und "gesetzliche Regelungen" angemahnt. Das Reformtempo in diesem Bereich ähnelte dem einer gelähmten Schnecke. "Vergessen wir nicht, dass in jedem Monat, der ungenutzt verstreicht, etwa 70.000 Menschen in Deutschland sterben", so Wichmann. 

Die anstehenden Regelungen müssen unbürokratisch und im Interesse der eine Patientenverfügung abfassenden Bürger formuliert sein. Eine Beschränkung auf bestimmte Krankheitsstadien oder der Ausschluss bestimmter Krankheiten ist schon aus verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen. Übertriebene Angst vor Missbrauch oder dem eventuellen Verzicht auf minimale Restchancen sind unangebracht. Es ist nicht nötig, die Bürger vor sich selbst zu schützen, denn niemand wird gezwungen, eine Patientenverfügung abzufassen. Wer sie aber abfasst, will die verbindliche Zusage, dass man sich unter den entsprechenden Umständen auch daran hält.

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