(dgpd Augsburg) Wieder ein europäisches Land, das sich den Realitäten stellt, während Deutschlands Verantwortliche nach wie vor den Kopf in den Sand stecken und gebetsmühlenartig wiederholen: kein Gesprächsbedarf, kein Problem, die Palliativmedizin wird es schon richten. Über 2.000 Ärzte und Pflegekräfte haben laut Medienberichten in Frankreich öffentlich bekannt: Sie haben Situationen erlebt, in denen das physische und psychische Leiden von Patienten unerträglich geworden sei. Sie hätten deshalb Mittel verabreicht, um ein grausames Ende' abzukürzen, wohl wissend, damit gegen das Gesetz zu verstoßen. Und sie fordern den Gesetzgeber zur Reform des erst im April 2005 verabschiedeten Sterbehilfe-Gesetzes auf, das lediglich passive Sterbehilfe zulässt.
Es wird Zeit für ein Ende auch des bundesrepublikanischen Wegsehens: bessere Schmerztherapie - wenn sie denn endlich Wirklichkeit wird - bewirkt genauso wenig Wunder wie die Regelung der Patientenverfügung (wenn sie denn endlich kommt und im Interesse der Verfasser formuliert sein sollte). Auch in Deutschland gibt es ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung und verbotene aktive direkte Sterbehilfe. Die Grenzen sind fließend und manch ein Arzt würde es begrüßen, die Dinge weiterhin im Vieraugengespräch zu regeln - ohne gesetzliche Regelung. Das mag aus menschlichen Gründen verständlich sein. Auf dem Hintergrund der Heuchelei der so genannten "Meinungsführer", die die Anliegen der Bevölkerung mit schöner Regelmäßigkeit vom Tisch wischen, wird es unerträglich. Soll Sterbehilfe denn weiter ein ärztlicher Gnadenakt nur für diejenigen sein, die das Glück haben, einen mitfühlenden und risikobereiten Arzt zu kennen? Zumindest in Frankreich lehnt eine mutige Basis dies ab.
Die Entwicklungen dort erinnern an die deutsche Schwangerschaftsdebatte, der später eine gesetzliche Regelung folgte. "Rechtswidrig, aber straffrei" heißt es seither, wenn es um den Abbruch geht. Die Niederlande, Belgien und der US-Bundesstaat Oregon haben ein ähnliches Konstrukt gefunden: Dort ist die aktive direkte Sterbehilfe bzw. Beihilfe zum Suizid (in Oregon) für Ärzte dann nicht verboten, wenn sie bestimmte Sorgfaltskriterien einhalten.