Als zweiter US-Bundesstaat will Kalifornien die ärztliche Freitodbegleitung für unheilbar Kranke regeln. Mehr als 90 Prozent der Finalkranken, die von dem Gesetz in Oregon Gebrauch machten, wurden hospizlich betreut

(dgpd Augsburg) Im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien gibt es eine neue Initiative für eine gesetzlich geregelte ärztliche Freitodbegleitung bei unheilbar Kranken. Patienten mit einer Lebenserwartung von unter sechs Monaten sollen demnach die Möglichkeit bekommen, ein todbringendes Mittel auf Rezept zu erhalten. Umfragen zufolge ist eine große Mehrheit der kalifornischen Bevölkerung seit langem für die Möglichkeit einer solchen Hilfe, wenn keine Heilung mehr möglich ist. 

Das Gesetz wurde bereits vor dem weltweit diskutierten Fall der Terry Schiavo auf den parlamentarischen Weg gebracht und hat nun erste parlamentarische Ausschuss-Hürden genommen. Es lehnt sich eng an den so gen. „Death With Dignity Act“ im US-Bundesstaat Oregon an, das es seit 1997 unheilbar Kranken ermöglicht, ihren Leidens- und Sterbeprozess eigenverantwortlich abzukürzen. Laut Regierung in Oregon haben zwischen 1998 und 2004 insgesamt 208 Patienten – mehr als 70 % davon Krebspatienten im Finalstadium – von der Freitodmöglichkeit Gebrauch gemacht. Weitere 118 Schwerstkranke hätten sich die notwenigen Medikamente verschafft, diese aber nicht eingenommen. Mehr als 90 Prozent der Patienten, die von dem „Death With Dignity Act“ Gebrauch machten, erhielten hospizliche Betreuung, sagte Psychiatrieprofessorin Linda Ganzini, die das Gesetz in Oregon wissenschaftlich begleitet. Es gehe vor allem um die Wahlmöglichkeit und die Option, im Extremfall das eigene Leid und Leben human beenden zu können, betonte die frühere Gouverneurin von Oregon, Barbara Roberts. DGHS-Präsident Karlheinz Wichmann begrüßte die Initiative: „Wer die Gewissheit hat, sich im Notfall selbst helfen zu können, ist nicht auf die Hilfe anderer angewiesen. Tatsache ist, dass finalkranke Patienten dann sogar länger aushalten, ihre Leiden ertragen und neue Kraft schöpfen, wenn sie sich eigene Handlungsoptionen offen halten können und dadurch Ohnmachtsgefühle vermeiden, die unter Umständen Depressionen fördern.“ Das Phänomen ist unter dem Namen „Suizid-Paradoxon“ bekannt. 

Der nun in Kalifornien vorgelegte Gesetzentwurf verlangt:

  • Zwei Ärzte müssen übereinstimmend zu der Beurteilung kommen, dass der Patient weniger als sechs Monate zu leben hat.
  • Der Patient muss mehrfach nach dem Freitod verlangt haben und über Alternativen beraten worden sein.
  • Ärzte müssen eine psychische Erkrankung ausgeschlossen haben.
  • Der Patient muss in der Lage sein, das Medikament ohne Hilfe einnehmen zu können.
  • Es muss sicher gestellt sein, dass der Patient selbst und nicht etwa ein Betreuer/Bevollmächtigter oder ein Angehöriger die Entscheidung zur Lebensbeendigung getroffen hat.

Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat sich noch nicht zum Thema geäußert. US-Präsident Bush hatte in der Vergangenheit wiederholt erfolglos versucht, die liberale Regelung in Oregon zu kippen. Es steht zu erwarten, dass er und die Gegner einer faktischen Selbstbestimmung in Kalifornien alle Hebel in Bewegung setzen werden, um das Gesetz zu verhinderen.