Vorhandensein einer Patientenverfügung hätte Eskalation verhindert

Das Vorhandensein einer Patientenverfügung hätte nach Ansicht der DGHS in dem Fall des am 12. Juni verurteilten Braunschweigers Jan H. eine Eskalation verhindern können. Der 26-Jährige wurde in einem Prozess vor dem Landgericht Braunschweig zu einer dreijährigen Haftstrafe wegen Totschlags (in einem minderschweren Fall) verurteilt.  

Der Mann hatte seine Mutter, die nach einem Reitunfall vor sieben Jahren im Wachkoma lag, aber noch frei atmen konnte, von der Beatmungsmaschine abgeklemmt und erstickt. Seine Begründung war, er meine, sie habe so nicht leben wollen. Arzut und Betreuer hatten zuvor jede Form von Sterbehilfe abgelehnt. Allerdings lag keine Patientenverfügung vor.

Liegen keine ausdrücklichen Erklärungen des Patienten vor und kann auch sein individueller mutmaßlicher Wille nicht festgestellt werden, so kann und muss (!) sein mutmaßlicher Wille aus allgemeinen Wertvorstellungen ermittelt werden. Auch der aus derartigen allgemeinen Wertvorstellungen ermittelte mutmaßliche Wille des Patienten rechtfertigt einen Behandlungs- und Ernährungsabbruch. Eine gerichtliche Entscheidung, in der der mutmaßliche Wille eines Patienten gerichtet auf Lebensbeendigung aus derartigen allgemeinen Wertvorstellungen festgestellt worden ist, lässt sich bisher nicht nachweisen. Bei unumkehrbarer Bewusstlosigkeit, fehlendem Bewusstsein vom eigenen Leben und Siechtum auf Dauer ist der Abbruch von Behandlung und Ernährung „allgemeine Wertvorstellung“, wobei eine zurückhaltende Prüfung vorgenommen werden muss.

Die juristische Bewertung der DGHS dazu: Liegen keine ausdrücklichen Erklärungen des Patienten vor und kann auch sein individueller mutmaßlicher Wille nicht festgestellt werden, so kann und muss (!) sein mutmaßlicher Wille aus allgemeinen Wertvorstellungen ermittelt werden. Auch der aus derartigen allgemeinen Wertvorstellungen ermittelte mutmaßliche Wille des Patienten rechtfertigt einen Behandlungs- und Ernährungsabbruch. Eine gerichtliche Entscheidung, in der der mutmaßliche Wille eines Patienten gerichtet auf Lebensbeendigung aus derartigen allgemeinen Wertvorstellungen festgestellt worden ist, lässt sich bisher nicht nachweisen. Bei unumkehrbarer Bewusstlosigkeit, fehlendem Bewusstsein vom eigenen Leben und Siechtum auf Dauer ist der Abbruch von Behandlung und Ernährung „allgemeine Wertvorstellung“, wobei eine zurückhaltende Prüfung vorgenommen werden muss.

 

Im Braunschweiger-Fall wäre es Aufgabe von Arzt und Betreuer gewesen, einen Behandlungsabbruch auf dieser Grundlage zu überlegen. Das Pflegeheim hat aber keine eigene Entscheidungskompetenz. Es hätte allenfalls einen Antrag bei Gericht auf Behandlungseinstellung bzw. Feststellung des mutmaßlichen Willens aus allgemeinen Wertvorstellungen stellen können. Dies ist aber nicht die eigentliche Aufgabe des Pflegeheims, sondern vielmehr von Arzt, Betreuer und Familie. Vorliegend hatte der Ehemann und Stiefvater des Angeklagten Jan H. (ein Bauingenieur, der über die Jahre sein gesamtes Vermögen in die Pflege seiner Frau gesteckt hat) einen Behandlungsabbruch abgelehnt, und erst am Ende zugestimmt.