<link file:1663 download file>...Positionspapier "Sterben in Würde – Rechtssicherheit für Patienten und Ärzte" (PDF)
Ein Bild, das unvergessen bleiben wird: Sechs Politiker aus verschiedenen Fraktionen, friedvoll vereint. Und das auch noch beim Thema Sterbehilfe. Am heutigen Donnerstag stellten im großen Saal der Bundespressekonferenz sechs Politiker aus CDU/CSU und SPD vor 50 neugierigen Journalisten ihr seit Wochen ausgebrütetes Eckpunktepapier zur Regelung der Sterbehilfe vor.
Unter dem Titel „Sterben in Würde – Rechtssicherheit für Patienten und Ärzte“ zählte Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) sieben Voraussetzungen auf, unter denen Ärzten es künftig möglich sein soll, Beihilfe zum Suizid zu leisten, wenn Palliativmedizin und liebevolle Betreuung nicht mehr greifen. Dieses Ergebnis hatte die fraktionsübergreifende Gruppe um Hintze, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dr. Carola Reimann, Prof. Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka, Katherina Reiche (CDU), Dagmar Wöhrl (CSU) ausgetüftelt. Kurz zusammengefasst: Das Eckpunktepapier sieht vor, dass volljährige, voll einwilligungsfähige, zu Tode Erkrankte unter extremen Leidensdruck nach einem Beratungsgespräch und dem Vier-Augen-Prinzip von zwei Ärzten „friedlich einschlafen“ können sollen. Bei dem Suizid müssen sie die Tatherrschaft selbst innehaben. All das soll im zivilrechtlichen Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfolgen.
„Durch Verbote schaffen wir das Problem Sterbehilfe nicht aus der Welt“, sagte Carola Reimann von der SPD: Sie freut sich, dass die Politiker zu einer Gruppe zusammen gefunden haben und mit dem Eckpunktepapier für die Sterbehilfe in Deutschland viel erreicht hat. Die Politiker wollen mit der Option, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, friedlich zu entschlafen, mehrere Dinge bewirken. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient sei zu stärken, hob Prof. Dr. Karl Lauterbach, selbst Arzt, hervor. Dieses vermeide Suizide. „Es ist sehr wichtig, dass man versteht, dass man vielen nicht mit Palliativmedizin helfen kann.“ Aber kein Arzt würde zu der Beihilfe gezwungen. Katherina Reiche (CSU) betonte, dass man es den Schwerkranken durch rechtliche und religiöse Dogmen nicht noch schwerere machen solle. Es dürfe keinen Zwang zum Leiden geben. Burkhard Lischka (SPD) konstatierte, dass er als Jurist den Schutz des Lebens für äußerst wichtig halte, es aber „keine Pflicht zum qualvollen Verrecken“ geben dürfe. Und CSU-Frau Dagmar Wöhrl berief sich auf das Grundrecht „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und leitete daraus das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ab. Zu der problematischen Situation vieler Ärzte, die helfen wollen, aber sich nicht trauen, sagte sie: „Es kann nicht angehen, dass es in Deutschland aufgrund der 17 Landesärztekammern 17 unterschiedliche Regelungen gibt.“ In Bayern führe die Beilhilfe eines Arztes nicht zu einem eventuellen Berufsverbot. Dieses Recht solle für alle Ärzte in Deutschland gelten, so Wöhrl.
Der Ton bei den anschließenden Fragen der Journalisten war ebenso respektvoll und moderat. So ließ sich Dagmar Wöhrl dazu hinreißen, von einer zu erwartenden „Sternstunde des Parlaments“ zu sprechen. Carola Reimann kann sich gut vorstellen, dass die unterschiedlichen Vorschläge der Gruppen in ein ganzes zusammenzuführen: „Wir stehen ja noch ganz am Anfang der Debatte“.
Dagmar Wöhrl indes hofft, dass sich die Öffentlichkeit mindestens genauso stark einbringe wie die Politiker derzeit. Bis Ende 2015 solle der Diskussionsprozess abgeschlossen sein. Doch vorher gibt es am 13. November noch die Orientierungsdebatte und anschließend die große Anhörung im Bundestag.