Es gibt ein Grundrecht auf Suizid und es ist erlaubt, dabei Hilfe (z. B. von Ärzt:innen) in Anspruch zu nehmen! So hat es das Bundesverfassungsgericht am 26.02.2020 entschieden.
Flugblatt_Es braucht kein neues Suizidhilfe-Gesetz (PDF)
Derzeit wird (ärztlich) assistierte Suizidhilfe in Deutschland im Rahmen der Vorgaben des BVerfG praktiziert. Im Jahr 2021 wurde in 346 Fällen Hilfe bei Freitod vermittelt (DGHS) oder organisiert (Dignitas Deutschland und Verein Ster-behilfe).
Jeder soll selbst über sein Sterben entscheiden!
Die Ausübung dieses Rechts droht jetzt eingeschränkt zu werden durch drei – fraktionsübergreifende – Gesetzentwürfe, die derzeit im Bundestag zur Beratung und Abstimmung vorliegen.
Nicht Politiker:innen, Ärzt:innen oder Psychiater:innen entscheiden darüber, wann jemand sterben möchte und ob er dabei Hilfe in Anspruch nehmen kann, sondern nur der betroffene Mensch selbst! Diese Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist im Ausgangspunkt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren!
Unter welchen Bedingungen darf derzeit Hilfe beim Suizid geleistet werden?
Suizidhilfe darf nur dann geleistet werden, wenn der Entschluss auf einem „autonom gebildeten, freien Willen“ beruht. Er muss „unbeeinflusst von einer akuten psychischen Störung“ gefasst worden sein. Dem Betroffenen müssen „alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte tatsächlich bekannt“ sein und er muss über alle Informationen verfügen, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Dazu gehört auch, dass Handlungsalternativen zum Suizid bekannt sind. Der Betroffene darf keinen unzulässigen Einflussnahmen oder Druck durch Dritte ausgesetzt sein. Der Entschluss aus dem Leben zu scheiden, muss zudem von einer gewissen Dauerhaftigkeit und inneren Festigkeit getragen sein. So steht es im Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Wir fordern als DGHS-Mitglieder unsere Bundestags-Abgeordneten auf, keinem der vorliegenden Gesetzentwürfe zuzustimmen, da durch sie das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende eingeschränkt bis unmöglich gemacht wird.
Keiner der drei vorliegenden Gesetzentwürfe wird dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gerecht:
Alle Entwürfe beruhen u. a. auf einer Beratungspflicht. Es kann aber nicht die Pflicht von uns Bürger:innen sein, dem Staat unsere Aufgeklärtheit zu beweisen. Vielmehr ist es die Pflicht von Ärzt:innen und Sterbehelfer:innen, die Sterbewilligen vor einer Freitodbegleitung entsprechend aufzuklären und ihre Fragen zu beantworten.
- Der Gruppenantrag um Lars Castellucci (SPD) stellt die wiederholte Hilfeleistung beim Suizid erneut unter Strafe. Nur ausnahmsweise ist die Beihilfe-Handlung nicht strafbar, wenn zwei ärztliche/psychiatrische Gutachten, die im Abstand von drei Monaten erstellt werden, zu der fachlichen Überzeugung kommen, dass das Sterbeverlangen von ernsthafter und dauerhafter Natur ist. Dieser Entwurf ignoriert das Urteil des BVerfG und das Selbstbestimmungsrecht regelrecht und ist somit absolut autonomiefeindlich und eher ein Suizidverhinderungsgesetz.
- Der Gruppenantrag um Katrin Helling-Plahr (FDP) ist in Teilen zu begrüßen, vor allem, weil er nicht im Strafrecht angesiedelt ist. Er stellt aber keine Verbesserung dar, die geeignet wäre, Suizidhilfe in der Praxis zu ermöglichen. Nachdem in diesem Entwurf vorgesehen ist, dass das Nähere zur Suizidhilfe durch das Bundes-gesundheitsministerium zu regeln wäre, bleibt zu befürchten, dass erneute Gefahren der Einschränkung der Grundrechte geschaffen werden.
- Der Gruppenantrag um Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) kommt zwar den Vorgaben des BVerfG am nächsten, aber auch er sieht wieder eine Bewertung der Motive vor: Antragsteller:innen müssen an die „nach Landesrecht zuständige Stelle“ den Sterbewunsch und die Ursache bekunden und erläutern, warum Hilfsangebote nicht geeignet sind, den Sterbewunsch zu beseitigen.