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Zum ersten Mal befasste sich der alljährlich in Berlin stattfindende Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit dem Thema Sterbehilfe. Das Symposium „Euthanasie und assistierter Suizid“ am ersten Kongresstag (27. November 2013) erfuhr starkes Interesse bei den teilnehmenden Psychiatern und Studierenden. Professor Dr. med. Hans Wedler (Stuttgart) gab zunächst einen Überblick, in welchen anderen Ländern die Sterbehilfe bereits klar gesetzlich geregelt ist. Dann sprach Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Birnbacher, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der DGHS und seit Jahresfrist auch zweiter Vizepräsident, über „Euthanasie und assistierter Suizid aus philosophischer Sicht“, wobei er betonte, dass 90 Prozent der Suizidansinnen bei der Psychiatrie landen. Professor Dr. Bernhard Küchenhoff aus Zürich informierte über die Rechtslage in der Schweiz und vertrat die Auffassung, dass ein Mensch, der überlegt handelt, in der Regel keinen Psychiater als Gutachter benötige. Für ihn gehöre Sterbehilfe nicht zu den Aufgaben eines Therapeuten. Noch energischer verwahrte sich Hans Förstl von der Technischen Universität (TU) München gegen den assistierten Suizid. Für ihn gebe es absolut keine denkbare Indikation. Seine Erfahrung habe ihm gezeigt, dass ein Suizidwunsch meist nicht dauerhaft und nachhaltig sei. Zudem halte er Patientenverfügung generell für problematisch, weil er beobachte, dass sich (notierter) Wunsch und Wirklichkeit oft nicht deckten.
Vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der TU München kam Dr. Gerrit Hohendorf, der betonte, man könne erst über eine mögliche Suizidassistenz reden, wenn alle anderen Hilfsversuche gescheitert sind. Er zitierte Professorin Dr. Bettina Schöne-Seifert, übrigens Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der DGHS, wonach eine Assistenz mitunter „moralisch gerechtfertigt“ sein könne. Die wichtigste Voraussetzung sei aber die Urteilsfähigkeit des Sterbewilligen. Der Berufsstand müsse sich nun eben fragen, ob er bereit sei, per Begutachtung quasi zum „gate-keeper“ für den begleiteten Freitod zu werden. Nach Hohendorf dürfe man kein Urteil über den Wert des Lebens haben.
Durchaus vorstellbar dagegen ist ein assistierter Suizid für Professor Dr. Jochen Vollmann und Jakov Gather von der Universität Bochum. Gather sagte, dass dieser „ein Akt der Fürsorge“ sein könne und eine offene Diskussion in der Ärzteschaft und der Gesellschaft wünschenswert sei. In Zukunft werde aber die Angst vor einer Demenzerkrankung ursächlicher für den Suizidwunsch werden als eine psychische Erkrankung.
Die juristische Sicht erläuterte der bekannte Medizinrechtsanwalt Wolfgang Putz aus München. Entscheidend sei der „freiverantwortlich gefasste Sterbewille“. Deshalb verlangt er, wenn er um Rat gefragt wird, stets ein psychiatrisches Gutachten. Nach seiner Auffassung schließt nicht jede psychische Erkrankung diese Freiverantwortlichkeit aus. Die umstrittene „Beihilfe“ umfasst die Vorbereitung der Handlung, das Nicht-Hindern und das Nicht-Retten. Straffrei ist diese Beihilfe aber nur, wenn sie dem Willen des Betroffenen entspricht. Eine Pflicht zur Lebensrettung besteht nicht, wenn der Betroffene dies freiverantwortlich zuvor verneint hat. Jeder ärztliche Eingriff bedarf, so Putz, zweier Voraussetzungen: Indikation plus Patientenwille. Als problematisch beschrieb Putz noch das im Juni 2011 verschärfte Berufsrecht der Ärzte, das regional aber unterschiedlich ausgelegt wird. In der anschließenden Diskussion sagte Rechtsanwalt Putz, dass er sich für Deutschland eine Regelung wie im US-Bundesstaat Oregon wünscht, wo bei aussichtsloser Erkrankung und einer Lebenserwartung von maximal sechs Monaten ein tödlich wirkendes Medikament verschrieben werden darf. Ein Drittel der Patienten nehme das Mittel gar nicht ein. Das Arzt-Patienten-Verhältnis verbessere sich sogar, wenn sich der Patient sicher sein könne, dass der Arzt zu guter Letzt „nicht kneift“.
Kommerziell orientierte Sterbehilfe-Organisationen lehnte das Podium übereinstimmend ab, kam aber zu dem Schluss, dass der existierende „Sterbetourismus“ in die Schweiz die Herkunftsländer (sprich: Deutschland, England, Frankreich) zu einem konkreten Handeln und dem Schaffen von Regelungen zwingt. Vor allem die Frage nach der Bescheinigung der Urteilsfähigkeit von Sterbewilligen wird die Psychiater nicht nur auch auf Kongressen weiter beschäftigen müssen. we